Sonntag, 22. März 2015

Langeweile

40 Grad, brühende Hitze, die Ventilatoren umwehen mich mit warmer Luft. Immer wieder wandert mein Blick zum Internet-Symbol rechts unten auf dem Bildschirm. Geht das Internet endlich? Nein.
Also die nassen Haare aus der Stirn streichen und den nӓchsten Film anschalten. Für zwei weitere Stunden sitze ich auf meinem Lederimitatstuhl – bzw besser gesagt klebe ich auf diesem – wӓrend Keira Knightley ihre Gesangskarriere startet oder Balou “probier’s mal mit Gemütlichkeit” in den Dschungel schmettert. Wenn dann der Abspann kommt schleppe ich mich zum Kühlschrank und kippe zwei, drei Glӓser Wasser runter. Und nun?
Mittlerweile ist es nach 12 und ich nӓhere mich der Uhrzeit wo es nicht mehr allzu unhӧflich ist schon nach Hause zu gehen. Kurz darauf geht die erste Lehrerin, die den Groβteil des Tages auf Facebook verbracht hat, und auch ich packe meine Sachen und gehe langsam nach Hause.
Vorher noch über den Markt und meine üblichen paar Stӓnde abklappern. Mit Frühlingsrolle, Ananas und grünem Tee bepackt verlasse ich so schnell wie mӧglich den Markt, mir der Blicke in meinem Rücken nur allzu bewusst.
Ich habe gelernt sie zu ignorieren. Mӧgen werde ich sie jedoch nie.
Zuhause wandern meine Errungenschaften in meinen Bauch. Und nun?
Ich muss noch Wӓsche waschen. Wenn ich das jetzt mache trocknen die Sachen vielleicht bis zum Abend. Aber es ist so heiβ und im Bad habe ich keinen Ventilator. Was noch?
Ich kӧnnte immerhin kurz Geschirr waschen… aber das kann ich ja auch noch nach dem Abendessen. Da kommt dann ja eh noch was hinzu. Mal Alena anklingeln was die so macht.
“Ich sitz im Office und muss noch was wegen Rumreisen planen.”
Okay, da will man ja nicht stӧren.
Ich kӧnnte auch noch was planen aber Zuhause habe ich kein WLAN und über mobiles Internet dauert alles so lange. Nun gut dann also lesen.
Nach drei Stunden brennen mir die Augen wegen der Luft vom Ventilator und dem immer weniger werdenden Sonnenlicht in meinem Zimmer.
Also Fenster zumachen und Lampe an. Ich kӧnnte auch mal endlich all den Leuten antworten die seit geraumer Zeit auf eine Antwort warten.
Also aufs Bett geschmissen und anfangen auf WhatsApp zu antworten. Vielleicht komme ich ja wenigstens heute dazu auch mal ein paar Mails zu beantworten.
Da kommen aber schon die ersten Antworten auf WhatsApp. Und schwupps ist halb elf Abends.
Zeit für eine Dusche, die dritte für heute. Alles klebt.
Danach direkt unters Moskitonetz und Licht aus, Musik an. Tag Revue passieren lassen… Was habe ich den heute so geschafft, von dem was ich mir vorgenommen habe?
Nichts.
Nun gut, morgen vielleicht. Vielleicht regnet es ja dann auch mal und kühlt zumindest auf unter 40 Grad ab.
Ich will schon schlafen da klingelt mein Handy. Nachricht von einer Schülerin.
“Miss you teacher”
“Miss you too! What are you doing in your holidays?”
“Extra classes in university”
Na logo, von meiner besten Schülerin sollte ich eigentlich nichts anderes erwarten. Immerhin langweilt sie sich nicht in unserem kleinen Dӧrfchen, was wie ausgestorben wirkt. Alle Schüler sind Zuhause und helfen ihren Eltern oder schlafen und schauen TV.
Kurz darauf schlafe auch ich ein und nӓhere mich einem Tag, vom Ablauf kaum von dem oben beschriebenen zu unterscheiden.
Seit dem 06.03. geht das so. Das war der letzte Schultag für die Schüler und somit auch für mich der letzte Arbeitstag dieses Semester. Viele meiner Mitfreiwilligen dürfen dann anfangen zu reisen oder arbeiten eine Weile in anderen Projekten.
Ich muss mich bis zum 10.04. tӓglich in der Schule eintragen und mich zumindest eine kurze Weile blicken lassen.
Nach vielen Diskussionen darf ich nun schon am 04.04. fahren aber bis dahin spielen sich meine Tage in einem ӓhnlichen  Ramen wie oben beschrieben ab.
Einzige Lichtblicke sind die so oft wie mӧglichen Besuche bei Alena. Bei ihr sind jedoch vor kurzem zwei Farangs nach Hause gefahren mit denen wir zuvor jede freie Minute verbracht haben.
Jetzt fehlt uns die Energie zum aufraffen, man kann ja doch irgendwie nichts machen auβer auf den Markt gehen.
Also hocken wir uns mit Frühlingsrolle und grünem Tee gemeinsam vor den PC und sehen uns – in ihrem auf 20 Grad runtergekühltem Zimmer – an, wie Keira Knightley ihre Gesangskarriere startet oder Balou “probier’s mal mit Gemütlichkeit” in den Dschungel schmettert.
So ziehen die Tage dahin, wӓrend sich der Countdown schleppend langsam verkleinert und wir nur noch raus aus unseren kleinen Dӧrfern wollen und losreisen. Andere Orte und Stellen in Thailand entdecken, Leute kennen lernen und etwas erleben.
Aber auch die Zeit der Langeweile wird vorbei gehen und wenn wir rumreisen wird sie nur noch ein grauer Schatten in der Vergangenheit sein. Bis dahin arbeite ich weiter mein Film- und Lesematerial ab. Muss ja auch mal sein.


Ahoi und bis bald!