Mittwoch, 8. Oktober 2014

So und so

Es ist Zeit für einen neuen Blogeintrag, das ist mir sehr wohl bewusst, aber ich weiß nicht wo ich anfangen soll. Es ist so viel passiert in den letzten Wochen, dass das gar nicht alles in einen Eintrag passt. Da ich aber nicht viel von tagebuchähnlichen Berichten halte nehme ich das als Gelegenheit und als Versuch ein bisschen auf die verschiedenen Seiten Thailands einzugehen.
Ich lebe, wie ihr wahrscheinlich wisst, in einem kleinen Dörfchen ganz im Osten Thailands und somit im tiefsten Isan (Nordosten). Im Isan lebt man aber nicht nur, man spricht es auch. Diese Sprache bzw. dieser Dialekt ist stark beeinflusst vom laotischen und wird bei mir in den meisten Familien, auf dem Markt und generell in der Freizeit gesprochen. An dieser Stelle sollte ich nochmal erwähnen,  dass der Grenzfluss zu Laos einen Kilometer hinter meinem Haus fließt und jeden Sonntag zum Sonntagsmarkt viele Laoten übersetzen.
Wenn ich also nach einem Wort frage werden mir meist zwei gesagt, das Isan-Wort und das Bangkok-Wort ('Hochthai'). Eidechse heißt so z.B. in Bangkok "Dschingdscho" und im Isan "Kikkiamm".
Das ist mir besonders bei meinem fünf-Tages-Trip nach Bangkok aufgefallen. Dieser Trip bot sich an, da Wan, der chinesische Lehrer an meiner Schule, von dort aus nach China zurückgeflogen ist und es sein konnte dass ich meinen Cousin dort treffen könnte. Letzteres wurde dann zwar leider nichts aber trotzdem waren es fünf tolle Tage wo ich, zusammen mit einem anderen Freiwilligen der in Bangkok lebt, nochmal eine ganz andere Seite von Thailand erleben konnte. Nämlich Bangkok, die summende, laute, bunte, niemals schlafende "Stadt der Engel", die in einem krassen Gegensatz zu meinem Dorf, Chanuman, steht.
So sind bei mir die, sowieso nie vollen, Straßen ab 19 Uhr komplett verlassen, man kann innerhalb von 5 Minuten einmal komplett durch Chanuman fahren und an den Straßenseiten stehen Kühe. Als die einzige Weiße und nur eine von drei Farangs werde ich überall angestarrt und oft bevorzugt behandelt.
Hingegen hatte ich das Gefühl, dass in Bangkok sich die sowieso schon vollen Straßen um 19 Uhr erst recht füllen, sodass man in fünf Minuten nur fünf Meter vorwärts kommt und anstatt Kühe sieht man am Straßenrand Taxen parken und sich ein Essensstand an den nächsten reihen. Ausländern werfen die meisten nur einen kurzen Blick zu und Taxifahrer versuchen einen abzuziehen. Generell bin ich in den paar Tagen mehr Taxi gefahren als in all den Jahren zuvor zusammen. Da hat sich dann wieder die unterschiedliche Sprache gezeigt, mit der wir Freiwilligen konfrontiert werden. So konnte sich der AFSer in Bkk recht flüssig im Straßenverkehr bewegen und mit einigen jüngeren, männlichen Lehrern seiner Schule Worte und Sätze austauschen wo ich ganz froh war, dass ich das nicht verstanden habe. Teilweise musste ich auch bei einigen Wörtern nachfragen, was sie bedeuten, nur damit mir dann auffällt, dass ich davon anscheinend nur das Isan-Wort kenne.
Auch die Benutzung des Höflichkeitspartikels, der an das Ende vom Satz angehängt wird, ist in Bangkok eine andere bzw. ist dort bei weitem nicht so stark ausgeprägt wie "bei mir" in Chanuman. In Bkk ist das, laut dem Freiwilligen, aber völlig normal wohingegen ich bei mir immer verbessert werde, sollte ich den Partikel mal vergessen, da das als sehr unhöflich gilt.
Aber nicht nur die Benutzung unseres Vokabulars sondern auch das Vokabular an sich ist ein anderes. So kann sich der AFSer in Bkk wie gesagt z.B. gut im Straßenverkehr verständigen, was ich ja nicht können muss. Ich dagegen kenne mehr Vokabeln rund ums Kochen und Essen. Das mit dem Essen ist auch so eine Sache die in meinem Dörfchen anders läuft als in Bkk. Es gibt zwar schon halbwegs regelmäßige Mahlzeiten aber allgemein wird ständig gegessen oder das nächste Essen steht in Planung.  Das erste was man bei mir gefragt wird ist,  ob man schon gegessen hat und wenn die Antwort "Nein" lauten sollte, darf man sich erst dann mit was neuem befassen, wenn man daraus ein "Ja" gemacht hat. Ob man Hunger hat oder nicht spielt dabei eine eher untergeordnete Rolle.
In Bkk hingegen isst man, meiner Erfahrung nach, zu recht festen Zeiten und dazwischen nicht wirklich was. Und man wird auch bei weitem nicht von jedem und direkt gefragt ob man schon gegessen (bzw wörtlich: schon Reis gegessen) hat und wenn man dann "Nein, mache ich später/habe keinen Hunger" antwortet wird man in Ruhe gelassen.
Das war eigentlich sogar das, was mich am meisten gewundert hat. Dass die Sache, die bei mir am wichtigsten ist und fast schon den kompletten Tagesablauf bestimmt, in der Hauptstadt Thailands eine eher untergeordnete Rolle spielt.
Hingegen wird dort ein Thema angesprochen, welches bei mir schon fast nicht existiert: Aufklärung.
Ich habe ein einziges mal mit einer Lehrerin von meiner Schule darüber gesprochen. Sie kommt aber auch aus der Nähe von Bangkok und ist etwas offener was das angeht. Sie hat sich ein bisschen beschwert, dass, laut ihr, so viele Mädchen in der Schulzeit schwanger werden und dann die Schule komplett abbrechen. Meine vorsichtige Frage ob man sie denn nicht über Verhütung unterrichtet, hat sie verneint. Über sowas rede man hier nicht.
Der Freiwillige in Bangkok hingegen hat erzählt, dass bei ihnen sogar Kondome an Schüler verteilt werden und generell scheint Sex nicht so ein Tabu Thema zu sein wie es das bei mir ist.
Und noch eine Kleinigkeit die mir aufgefallen ist, ist dass sowohl ich als auch der AFSer in Bangkok an eher ärmeren, vom Staat geförderten Schulen arbeiten. Bei ihm haben jedoch all die Schüler die ich gesehen habe (zurzeit sind eigentlich Ferien) makellose Uniformen und es hätte wohl auch keiner kaputte Schuhe. Bei mir hingegen haben viele mit Pflaster geklebte Uniformen und es gibt fast keinen Schuh, der nicht mindestens ein kleines Loch hat.
Aber natürlich ist die Hauptstadt nicht völlig gegensätzlich. Eine Sache die dort genauso ist wie in meinem Dörfchen, ist die unglaubliche Offenheit und Herzlichkeit die ich bisher nur in Thailand so erlebt habe. So habe ich drei Nächte bei einer fremden Familie geschlafen, wo ich mich recht wenig blicken ließ, da ich viel unterwegs war. Die Verabschiedung (ebenso wie die Begrüßung) war jedoch unglaublich herzlich und ich wurde sogar zum wiederkommen und dann für mehr Nächte eingeladen. Was Gastfreundschaft angeht kann Deutschland sich echt ne dicke Scheibe abschneiden, auch ich!
Was aber noch einen totalen Gegensatz darstellt, der mich ehrlich gesagt echt beschämt, sind die Ausländer die sich fast ausschließlich in zwei/drei Gruppen unterteilen lassen. Die eine Gruppe sind Freiwillige und Austauschschüler und zu ihnen würde ich auch am ehesten noch die Backpacker packen. Von allen gibt es, meiner Meinung nach, erfreulich viele. Dies sind größtenteils die Menschen die mit offenen Augen, Ohren und Herzen Thailand gegenüber treten und das Land, die Leute und die Kultur kennen, spüren und meist auch verstehen wollen. Die andere Gruppe sind größtenteils alte, dicke, hässliche Männer ab 45 aufwärts die nach Jahren in Thailand so gut Thai können wie ich nach knapp drei Monaten und meist eine mindestens 10 Jahre jüngere Thaifrau dabei haben. Diese Männer sprechen fast alle Deutsch (oft auch mit einem Akzent dieverser deutscher Nachbarländer).
Entsprechend war auch die Quote als ich mein Visum verlängern ließ. Im Office waren vier Leute mit Anliegen: Ich, eine andere von AFS (jedoch schon seit 6 Monaten hier), ein älterer, nicht gerade schön zu nennender, deutsch sprechender Mann (ich Tippe auf Schweiz) mit junger Frau und ein weiterer älterer Schnäuzer-Träger der uns auf Deutsch angesprochen hat.
Und das alleine in einer so winzigen unbedeutenden Provinz wie meiner.
Es sind sicher nicht alle älteren Männer hier gleich, aber ich finde es doch sehr erschreckend wie viele es hier mit junger Frau gibt und vor allem wie viele von ihnen aus meinem Heimatland kommen.
In Thailand gibt es sooo viele wunderbare Dinge an die man denken kann und sollte wen man von dem Land hört. Aber das erste an das viel zu viele denken sind - Frauen.
Ich hoffe dies wird sich mit der Zeit ändern und die Menschen kommen nach Thailand um all die anderen unglaublichen, zauberhaften, wunderschönen Dinge zu sehen die es hier in Massen gibt!
So, und da dies ein Eintrag über Unterschiede ist möchte ich euch nun mal ein paar ganz unterschiedliche Häuser und Wohnsituationen zeigen, die ich alle hier schon so gesehen habe. Dies bietet sich vor allem jetzt an, da ich aus meiner Gastfamilie ausgezogen bin und nun mit einer Lehrerin zusammen wohne. Jetzt wollt ihr sicher wissen wieso, aber das ist eine andere Geschichte und hat, finde ich, nichts in meinem Blog verloren. Ich kann aber, bevor ihr euch jetzt Versionen aus zweitem  Munde anhört oder mich alle einzeln anschreibt, eine Rundmail schreiben. Lasst mir dafür einfach in den nächsten Tage eure Mail zukommen.
Und jetzt versuche ich mal die Fotos hochzuladen und schicke euch allen eine herzliche Umarmung!
Eure Insa

Zimmer von Alena 01 (Freiwillige, die 20 Minuten entfernt wohnt)

Zimmer von Alena 02

Mein neues Heim (unten ist Bad und Abstellbereich, oben wohnt die Lehrerin rechts,
ich links. Gekocht wird in der Mitte bzw sie geht zum Markt).

Links Abstellraum und Bad.

Hälfte des Bads

Mein kleines süßes Zimmer (Blick von Tür)

Am Fenster das Thai-Alphabet
"Mittelraum"

"Mittelraum" andere Richtung. Rechts das Zimmer meiner Mitbewohnerin,
links meins sowie die Tür zur Treppe nach unten).

Mein Zimmer, Blick Richtung Tür. 
Küche von Laras Gastfamilie (Freiwillige in Amnatcharoen, der Hauptstadt meiner Provinz).

Laras eigenes Bad

Laras Zimmer (mit ihr und Josy auf dem Bett)

Pi Soms (junge Englischlehrerin) Wohnzimmer bzw das ihrer Mutter

Nochmal das Wohnzimmer

Pi Soms Küche