Donnerstag, 29. Januar 2015

Kurzer Einblick in das Dasein eines Lehrers....

....in Thailand aus der Sicht eines Farang-Lehrers.

Der Tag beginnt früh. Um rund sechs Uhr klingelt das erste mal der Wecker und dann sollte man sich auch langsam unter die Dusche bewegen. Es fällt den wachsamen Mitbewohnern nämlich auf, wenn man nicht duscht und man will ja nicht negativ auffallen.
Nach Bügeln und Anziehen der angemessenen Schulkleidung und meist keinem Frühstück geht es auf dem Roller oder im PickUp zur Schule (in meinem Falle zu Fuß aber da bin ich die einzige Lehrerin).
Dort findet dann erst die Morgenzeremonie statt, die ich in einem früheren Eintrag schon beschrieben habe. Danach findet man sich im Office zusammen und die, die Hunger haben essen gemütlich, die anderen setzen sich einfach dazu und es wird fröhlich gequatscht. Die Uhr wird danach eher weniger beachtet und so fängt die erste Stunde war offiziell um 8:40 Uhr an, inoffiziell aber eher so zwischen 8:50 und 9:00 Uhr.
Das gilt jedoch nicht nur für die erste Stunde. Auch sonst sind Verspätungen von 5 Minuten normal, von 10 Minuten üblich, 15 Minuten häufig und 20 Minuten noch total im Rahmen. Und ab und an vergisst der ein oder andere Lehrer eine Klasse aber das passiert eher selten.
Was sich nun im Unterrricht abspielt kann ich wirklich nur aus meiner Sicht über meinen Englischunterricht sagen. Wie es bei anderen Lehrern, Fächern und Schulen aussieht weiß ich nicht.
Mein Unterricht spielt sich aber wie folgt ab:
Ich betrete den Unterricht mit einer Verspätung von 5-10 Minuten (es gibt hier keine 5 Minuten Pausen, darum finde ich es angemessen den Schülern zwischen den Stunden eine kurze Atem- und Klopause zu geben). Nachdem sich dann alle auf den Plätzen befindet brüllt ein Schüler: ¨Please stand up!¨
Schüler: Good morning, teacher! (Bzw nach der Mittagspause ¨Good afternoon¨)
Ich: Good morning, students. How are you?
Schüler: I`m fine, thank you, and you?
Ich: I`m fine, too. Thank you.
Ab hier unterscheidet sich meine Begrüßung von der anderer Englischlehrer. Die anderen sagen dann nämlich ¨Please sit down¨ was die Schüler dann mit einem lauten ¨Thank you¨ auch tun.
Da es an meiner Schule jedoch ein recht strenges online System zum kontrollieren der Anwesenheit gibt lasse ich die Schüler stehen und rufe sie einzeln bei ihren Nummern auf (die Namen auf der Klassenliste sind auf Thai und kann ich somit nicht lesen und die Spitznamen benutz ich nicht, da werden die Schüler immer knallrot). Ist ein Schüler aufgerufen ruft er laut ¨present¨ und setzt sich. Dann beginnt der Unterricht.
Da ich keinen Lehrplan habe kann ich mit den Schülern machen was ich will. Darum habe ich Grammatik erstmal komplett aus meinen Stunden gestrichen. Die kann die andere Lehrerin, die die Klassen in Englisch unterrichtet denen beibringen.
In der Regel suche ich mir ein einfaches Thema raus (z.B. Body) wo die Schüler meist auch schon ein bisschen was zu wissen. Das Thema lasse ich sie dann durch Galgenmännchen erraten. Dann erstellen wir eine Mindmap an der Tafel mit allen Worten die sie schon kennen oder, wenn das Thema nicht neu, widerholen wir die Worte von letztem Mal.
Den Rest der Stunde lasse ich sie oft etwas zeichnen und beschriften. So ist gesichert, dass sie sich mit dem Thema beschäftigen, sich nicht langweilen, ich kann die Blätter einsammeln und überprüfen und ich setze darauf, dass so auch was durch die visuelle Stütze hängen bleibt.
Manchmal schreibe ich Dialog-Lückentexte an, lese den ganzen Text vor und lasse die Schüler die Lücken füllen, den Dialog nachsprechen und dann zu zweit vorsprechen.
Die Aufgaben variieren natürlich alle ein bisschen und ich versuche so oft es geht kleine Spiele einzubauen aber im Großen und Ganzen sind fast alle meine Stunden so aufgebaut. Und ich muss sagen - Es klappt!
Da bin ich schon recht stolz drauf, da ich vorher noch nie alleine unterrichtet habe und ich mit größeren Problemen bei der Verständigung gerechnet habe. Im Notfall klappt das aber auch alles mit Google Translator, und wenn ich Thai an die Tafel schreibe ist das immer eine große Freude auf Seiten der Schüler, ganz besonders wenn sie mir die Worte dann auch noch vorsagen und ich sie nachspreche. Aber warum sollte ich nicht auch was in meinen Stunden lernen?
Ich unterrichte pro Tag zwischen 1-3 Stunden. Insgesamt 11 Stunden die Woche, davon 10 Englisch und eine Stunde Deutsch. In Deutsch spielt sich das ähnlich ab, nur dass dort immer die Hälfte der Schüler fehlen. Kann ich aber auch verstehen, da sie kein Deutsch brauchen und eine Stunde aus dem Ärmel geschüttelter Deutschunterricht ihnen pro Woche auch nicht wirklich was bringt. Darum spiele ich dort auch meist einfach Spiele oder lasse sie malen und beschriften.
Breifah, die Chinesin, hatte auch einmal nur 10 Schüler in einer ihrer Chinesischstunden, was sie sehr verletzt hat. Warum die Schüler denn kein Chinesich lernen wollen? Ob es an ihr liege?
Nein.. aber die Schüler in diesem kleinen Dörfchen brauchen nicht einmal Englisch! Sehr zu meiner Freude fehlen nur in zwei meiner Englischklassen mal ein paar Schüler, aber in der Regel sind alle anwesend.
Aber was Chinesisch und, noch viel mehr Deutsch angeht, finde ich es völlig verständlich, wenn keiner kommt. Ich gebe zwar die Noten für Anwesenheit aber sitzen bleiben werden sie wegen einer schlechten Note bei mir eh nicht.
Das habe ich Breifah auch versucht zu erklären aber da alle ihre Klassen dann einmal von einer anderen Lehrerin zusammengestaucht worden, dass sie doch bitte alle kommen sollen, hatte sie danach keine allzu großen Probleme mit Abwesenheit mehr.
Da 1-3 Stunden pro Tag nicht sonderlich viel sind verbringe ich den Rest desTages im Office und beschäftige mich am Computer. Man könnte jetzt denken, das ist total langweilig aber es gibt fast schon zu viel zu tun.
Denn nur in der Schule habe ich wlan und kann so nur dort Mails beantworten, an meinem Blog arbeiten, mich über das Neuste in der Welt informieren (die Nachrichten in Thailand beziehen sich nämlich meist nur auf Land-interne Neuigkeiten und die verstehe ich eh nicht. Hier hat z.B. keiner von Charlie Hebdo gehört) und und und.
Auch alle anderen Lehrer im Office sitzen entweder am Tisch und essen oder sind am Computer. Dort bereiten sie entweder etwas für den Unterricht vor, laden Selfies hoch oder treiben sich auf Facebook oder YouTube rum.
Um ca. 16:00 gehen dann nach und nach alle nach Hause. 
Ich wasche dort dann meist Wäsche und/oder Geschirr, koche, esse, male und lese.
Das wars dann auch schon mit einem weiteren Schultag in Thailand aus der Sicht von mir, dem Farang-Lehrer.

Die Überschrift spricht jedoch vom Dasein eines Lehrers und dazu gehört nicht nur der Unterricht sondern z.B. auch der jährlich stattfindende vier tägige Lehrerausflug.
Der stand bei uns auch letzte Woche an, worauf ich jedoch jetzt nur knapp eingehen werde und euch dafür einfach mehr Fotos hochlade.
Am Donnerstag ging es um vier Uhr morgens (ich habe einfach gar nicht geschlafen) von der Schule aus los Richtung Süden. Ich habe den Großteil der 16 Stunden Busfahrt mit schlafen und lauter iopd Musik verbracht wärend die Thai-Lehrer komplette 16 Stunden lang Karaoke gesungen haben... und NUR Thai-Lieder.
Also Thaimusik ist ja ganz nett aber in so einer Lautstärke 16 Stunden lang und zusammen mit den mehr oder weniger guten Sängern des Lehrerkollegiums gehen einem die Lieder doch recht schnell auf die Nerven. Das wäre vielleicht anders wenn man die Lieder wenigstens kennen würde und mitsingen könnte. Aber Thais und Englisch ist wie Feuer und Wasser. Passt einfach nicht. Außerdem lieben die Thais ihre Thailieder, die sie natürlich auch fast alle auswendig und somit mitbrüllen können. Naja so lange man Spaß dran hat.. 
Wir sind dann Donnerstag Abend an unserem ersten Ziel angekommen, haben es Freitag morgens wieder verlassen und haben dann mit dem Programm des Tages gestartet. Das bestand aus einer Schulbesichtigung, dem Besuch eines Tempels und eines Markts und zum Schluss einem Strandbesuch. Dort haben wir dann auch die Nacht verbracht, nachdem die Hälfte der Lehrer mit Klamotten im Meer schwimmen waren.
Am Samstag ging es dann morgens nach leckerem Frühstück und Fotos am Strand zu einer kleinen Nachbau-Stadt von Venedig. Als ich dann meinte ich wäre schonmal im echten Venedig gewesen hat meine Advisorin mich erstaunt angesehen und meinte ¨Das ist eine echte Stadt? Das ist hier alles nur nachgebaut?¨... so gut informiert man sich hier über seine Ausflugsziele :D Hauptsache die Kulisse für Fotos stimmt.
Dann ging es zum Resort wo wir die Nacht verbracht haben. Direkt gelegen neben einem Fluss haben wir dort eine Schlauchboot-Tour gemacht. Den meisten Spaß hatten jedoch alle daran sich mit Wasser vollzuspritzen, besonders den Farang.
Da wir dann ja eh alle nass waren ging es danach auf die Wasserrutsche und eine Runde im Fluss schwimmen -  mit Klamotten versteht sich.
Am nächsten Tag, Sonntag, ging es zurück nach Chanuman. Dieses erreichten wir dann, mit noch einem Stop bei einem Floating-Market, um zwei Uhr Nachts.
... Nach 2 1/2 Stunden Schlaf durften uebrigens alle Lehrer am Montag trotzdem wieder in der Schule antanzen (was die Hälfte einfach nicht getan hat).
Trotz des Schlafmangels war der Trip aber wirklich ein großer Spaß und ein tolles Erlebniss und ich bin noch ein bisschen mehr mit all den Lehrern zusammen gewachsen!

So, der Eintrag ist jetzt viel länger geworden als erwartet, darum stoppe ich an dieser Stelle, lade noch Fotos hoch und melde mich das nächste mal wenn es was interessantes zu berichten gibt.

Eure Insa


Klasse 4/4 an einem Samstag (weil Freitag ausgefallen ist)

Fuer einen Samstag waren sogar erstaunlich viele anwesend

Thema: Superhero

v.l.n.r.: Advisorin, Direktor, Lehrerin, Ich, Breifah

Erste Nacht

Grosser Moench

Hua Hin Floating Market

Am Strand

Man bedenke bitte.. das sind alles Lehrer :D

L.O.V.E. beim Sonnenaufgang

"Venedig"


Wasserrutsche

Schlauchboottour

Sonntag Morgen

Floating Market in der Naehe von Bangkok


3 Kommentare:

  1. Liebe Insa! Wie gut, dass es die Zeit im Office gibt, da entstehen wohl die schönen Blog-Einträge??!! Echt spannend, wie Schule in Thailand abläuft, das scheint mehr Angebots-Charakter zu haben, nicht so ganz ernst und verpflichtend. Klingt sehr entspannt. Wichtiger als der Lehrinhalt scheint zu sein, dass es allen gut geht und keiner Streß hat. Auch eine schöne Form von Lebenseinstellung. Ich denke, es gibt weniger Burn-Out in der Lehrerschaft als an deutschen Schulen? Und Konkurrenzdenken oder Leistungsdruck scheinen keine obligaten Begleiter der Schüler zu sein. Gestern bist du noch selber Schülerin in einem Lehrsystem gewesen, jetzt stehst du plötzlich auf der anderen Seite vom Pult. Komisch, oder? Aber es klingt, als könne man sich von dir schön unterrichten lassen :)) Wenn du im Sommer wieder bei uns am See bist: spring nicht gleich mit Klamotten rein!
    Danke für den schönen Blogentrag. Lass es dir gut gehen und auf bald (hoffentlich).
    Stephan

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  2. Liebe Insa! Danke für deinen detailreichen Eintrag! Unterscheiden sich die Thais so sehr von Deutschen? Gestern wurde eine Großveranstaltung von Helene Fischer übertragen. Fast jeder im riesigen Publikum hat die Lieder mitsingen können. Obwohl ich alles verstehe, mir fehlt jeder Zugang - du konntest in der Zeit vielleicht ein wenig Schlaf nachholen, der scheint dir wirklich zu kurz zu kommen. Deine Freude und Begeisterung kommt rüber - ich wünsche dir noch ganz viel davon. Thomas

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  3. Hi Insa,
    das passt zwar nicht direkt zu deinem Post, aber mein Freund und ich sind ehemalige weltwärts-Freiwillige aus Äthiopien und fliegen nächste Woche für fast vier Wochen nach Südostasien :) Wir landen in Bankok und reisen von dort aus (vermutlich) weiter nach Kambodscha. Vor der Reise haben wir uns lange überlegt in welcher Art wir reisen wollen und sind zu dem Schluss gekommen, dass wir, wenn möglich, teilweise bei Freiwilligen im Land unterkommen, um einen besseren Einblick in das Leben zu bekommen, als wenn man nur mit anderen Touris in Hostels rumhängt. Deshalb wollte ich fragen, ob du uns vielleicht für die eine oder andere Nacht aufnehmen könntest, oder/und uns ein bisschen die Stadt zeigen kannst und/oder uns an andere Frewillige weitervermitteln kannst? Unser Reiseplan steht noch gar nicht fest, sind also ganz flexibel ;) Würde mich über eine Nachricht von dir freuen :)
    (christina_wo@gmx.de)

    Cheers,
    Chrissy

    PS: Wunder dich nicht über meinen Kommentatornamen, ist ein Fake- Name ;)

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