Dienstag, 13. Januar 2015

Gespräch mit China

Alle Gespräche haben eigentlich auf Englisch stattgefunden und sind mit bestem Bemühen und aus reiner Erinnerung wiedergegeben.
Bedenkt bitte, dass dies nur Gespräche zwischen ein paar Personen und somit nicht zu verallgemeinern sind (insofern ist die Blogüberschrift falsch).

Wan (Lehrer aus China), Insa (Lehrerin aus Deutschland)
In der Schule in Chanuman; Thailand

Insa: Welche Religion hast du eigentlich?
Wan: Gar keine
Insa: Welche haben denn die meisten in China?
Wan: Gar keine. Um die 95% in China gehören keiner Religion an.
Insa: Ach echt? Das war mir absolute nicht bewusst!
Wan: Wir haben auch keinen Religionsunterricht an der Schule. Habt ihr das in Deutschland?
Insa: Ja, aber du kannst wählen ob du Religions- oder Philosophieunterricht hast.
Wan: In China gibt es nichts dergleichen.

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Wan, Insa, Allen (Lehrer aus China und Freund von Wan)
Im Auto

Allen
: Ist es in Deutschland schwer, an ein Auto zu kommen.
Insa: Ne, eigentlich nicht.
Allen: In deinem Alter?
Insa: Auch nicht wirklich. Ab 18 kannst du dir ein Auto kaufen.
Allen: Wie teuer ist das so?
Insa: Keine Ahnung. Aber in meinem Alter haben die meisten nur totale Schrott-autos, die die nächste Prüfung nicht überstehen. Die kriegt man schon ab….ehm.. ein paar tausend Euro… glaube ich. Ich habe ja kein Auto, also weiβ ich das auch nicht.
Allen: Und wie teuer ist so ein normales Auto?
Insa: Keine Ahnung.
Allen: So ein BMW oder VW? (ich weiβ nicht mehr welche Marken er genannt hatte)
Insa: Keine Ahnung.
Allen: Wie viel verdient man denn so in Deutschland?
Insa (lacht): Unterschiedlich!
Wan: Und als Lehrer?
Insa: Keine Ahnung.
Wan: Mehr als in Thailand?
Insa: Gehe ich von aus, da Deutschland allgemein teurer ist. Aber wie viel man genau in welchem Beruf verdient weiβ ich nicht. Ich weiβ ja nicht einmal wie viel meine Eltern genau verdienen.
Allen & Wan: WAS??
Wan: Du weiβt echt nicht wie viel die verdienen?
Insa: Nein. Ich weiβ, dass kein Grund zur Sorge besteht und mehr muss ich nicht wissen. Ich könnte fragen aber es interessiert mich nicht. Geld ist in Deutschland aber auch generell ein eher heikles Thema über das man eigentlich nicht so offen redet. Höchstens mit der Familie oder engen Freunden.
Allen: Wow, Geld ist in China an aller erster Stelle der Wichtigkeit. Wenn man nur ein Kind hat, will man für das nur das Beste. Die beste Bildung um später den besten Job mit dem besten Einkommen zu haben.
Insa: In Deutschland will man das auch, aber man redet halt nicht so offen darüber.
Allen: Ja, bei euch sind andere Dinge wichtiger, richtig? Spaβ, Liebe…
Insa: Mir ja. Vielen anderen sicher auch, aber sicher nicht allen. Geld ist bei vielen sicher auch das Wichtigste.
Wan (kopfschüttelnd): Und du weiβt echt nicht wie viel deine Eltern verdienen…
Insa: Es gibt sicher viele Kinder, die das von ihren Eltern wissen. Mich interessiert es aber nicht, also frage ich nicht.
Wan: In China redet man da ganz offen drüber.
Insa: Ja, in Thailand ja auch. Für mich ist das aber ungewohnt und etwas unangenehm.

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Selbe Personen, selber Ort, etwas später
Wan schaut auf sein Handy wo im Hintergrund das Bild eines Mädchen zu sehen ist

Insa: Deine Freundin? Ach nein, du hast ja erzählt, dass du Schluss gemacht hast, richtig?
Wan: Ja, aber das war eine andere. Ich habe noch mehr.
Insa: Mehr? Wie viele den?
Wan: 40.
Insa: WAS? 40 oder 14? (fourteen und forty klingen nicht ganz unähnlich)
Wan
: 40!
Insa: Und das sind alles deine festen Freundinnen?
Wan: Feste Freundinnen, ja.
Insa: Wie geht das den? Wissen die von einander?
Wan: Ja, wissen die, aber die haben kein Problem damit.
Insa: Ach du meine Güte. Ich würde keine einzige neben mir dulden und die gleich 39?!
Wan: Ich bin halt der einzige Junge in der Klasse.
Insa: Da hätte ich lieber keinen Freund….
Wan: Ja, aber die Mädchen in meiner Klasse sind in einem Alter, da wollen die einen Freund haben und ich bin eine gute Partie. Also habe ich viele Freundinnen.
Insa: Liebst du die denn dann auch alle?
Wan: Ja, ich liebe alle und alle lieben mich!
Insa (zu Allen): Und wie viele Freundinnen hast du?
Wan: Der hat nur eine.
Allen: Ja nur eine. Ich bin nicht so verrückt drauf wie Wan. Würde ich ihn nicht kennen, würde ich denken er macht Witze. Aber in seinem Fall weiβ ich, dass es stimmt.
Insa: Willst du den auch gerne mehr Freundinnen haben?
Allen: Ja klar! Du kannst eine sein!
Insa (lacht): Danke fürs Angebot aber wie gesagt dulde ich keine anderen neben mir.
Wan: Die armen deutschen Jungen.
Insa: Oder die armen chinesischen Mädchen. Ich glaube wir haben eine etwas andere Vorstellung von Liebe in Deutschland. Wie ist das den mit dem heiraten in China? Darf man mehrere Frauen haben?
Wan: Nein, nur eine. Aber es können noch andere mit im Haus wohnen, wenn die Frau damit kein Problem hat.
Insa: Und ich nehme an das hat sie nicht.
Wan: Meistens nicht.
Allen: Würde ich mehr Geld haben würde ich nach Indien ziehen.
Insa: Warum?
Allen: Weil du da mehere Frauen haben kannst!

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Breifah (Lehrerin aus China), Insa, Mä Thongma (Lehrerin aus Thailand und meine Advisorin; im folgenden nur Thongma genannt)
Beim Mittagessen im Office
Breifah versucht mit Gabel und Löffel zu essen

Breifah: Das ist so schwer! 21 Jahre habe ich mit Stäbchen gegessen. Ich kann das nicht! (lacht)
Insa: Dafür kann ich absolute nicht mit Stäbchen essen. Vor allem keinen Reis. Das verstehe ich eh nicht – geht da nicht viel zu wenig dazwischen? Da braucht man doch total lange zum Essen?! (braucht Breifah übrigens wirklich)
Breifah
(zu den Stäbchen greifend): Nein das geht schon. (macht es vor)
(Wirklich gekonnt macht sie das, aber für meinen Geschmack landet trotzdem nicht genug Reis im Mund um anständig zu essen.)
Breifah: Esst ihr in Deutschland auch mit Gabel und Löffel?
Insa: Nein, mit Messer und Gabel. Löffel benutzen wir nur bei Suppe.
Breifah (schmatzend): Ohje, so kompliziert.
Insa: Für mich nicht, ich bin ja damit aufgewachsen wie du mit Stäbchen. Aber ist es in China okay zu schmatzen? Ist das nicht unhöflich? (Das hat Wan übrigens auch immer beim Essen gemacht. Und mit vollem Mund gesprochen)
Breifah: Nein, ist es nicht!
Insa: Das z.B. wäre in Deutschland sehr unhöflich. Schon kleine Kinder lernen, dass man beim Essen den Mund geschlossen hält und nur mit leerem Mund zu reden.
Breifah: Mit geschlossenem Mund essen?
Insa: Ja (macht es vor)
Breifah (versucht es ebenfalls mit einem kleinen Stück Bananenchips. Doch irgendwie will es ihr nicht gelingen. Ihr Mund geht immer wieder auf und wenn sie ihn zu hat zittern ihre Lippen vor Anstrengung. Lachend gibt sie auf und sagt mit vollem Mund): Ich kann das nicht! Wie machst du das mit gröβeren Stücken?
Insa (nimmt ein groβes Stück): So!
(Breifah versucht es nochmal mit einem ganz kleinen Stück, gibt jedoch bald wieder lachend auf)
Insa (zu Thongma): Ist essen mit offenem Mund in Thailand eigentlich unhöflich?
Thongma: Genauso wie in Deutschland. Also obwohl Essen mit offenem Mund geht schon, aber du darfst dabei keine Schmatzgeräusche machen. Das ist nur in der Familie oder unter Freunden okay.
Insa: Bei uns ist es das nicht mal da.
Breifah: In China, wenn man ein Treffen mit seinem Chef hat, isst man auch erst auf bevor man redet. (Alena hat mir später erzählt ihr wurde gesagt es gelte in China als unhöflich, wenn man nicht sofort auf eine Frage antwortet. Egal ob man am essen ist oder nicht)
Insa: Aber man isst auch da mit offenem Mund?
Breifah: Ja aber man isst kleine Stücke. Aber was man in China dagegen nie machen würde, ist Obst mit den Händen essen. Ich war am Anfang total schockiert, als das hier jemand gemacht hat. Dann habe ich gesehen, dass das jeder macht.
Thongma: Ja, hier in Thailand isst man alles mit der Hand.
Insa: Und in Deutschland isst man Obst auch mit der Hand. In China nicht mal Apfel oder sowas?
Breifah: Doch, wenn er am ganzen Stück ist. Sobald er aber geschnitten ist benutzt man Stäbchen.
Insa: Wow… verschiedene Kulturen.

kurz darauf; Breifah ist inzwischen gegangen

Thongma
: Insa, du hast recht, Breifah isst wirklich sehr unhöflich. Ich habe mich nur nie getraut ihr das zu sagen. (kichert)

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Wang (Lehrer aus China an Alenas Schule), Alena (Lehrerin aus Deutschland), Insa
Im Bus auf einem Schulausflug
Ein Schüler niest

Alena & Insa
: Gesundheit
Insa: Wang, sagt ihr in China eigentlich auch etwas, wenn jemand niest?
Wang: Nein. Aber wir sagen, wenn jemand einmal niest denkt jemand an dich, wenn jemand zweimal niest denkt jemand ganz feste an dich und wenn jemand drei mal niest, dann…. (grinst)… dann hast du eine Erkältung!
Insa (lacht): Guter Spruch! In Deutschland sagt man bei drei mal niesen, dass jemand an dich denkt.
Alena: Und in Thailand heiβt niesen, dass jemand gerade über dich lästert.
Wang: Genau. Du hörst das zwar nicht, aber dein Kopf bekommt es mit und reagiert, weil er es sozusagen ‘raus haben will’. Darum niest du.
Insa: Ach, das wusste ich gar nicht! Ich weiβ nur, dass, wenn man in Thailand vor einer anderen Person niest, diese Person dann duschen muss weil sie ‘dreckig’ ist.
Wang: Ja, genau, das auch!

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selbe Personen, etwas später in einem Häuschen auf einem “Lotussee”

Wang
: Hier ist es so schön!
Insa: Zieh doch hier her.
Wang: Geht nicht, ich muss ja arbeiten und kann darum nicht einfach umziehen. Ein Hund müsste man sein.
Insa: Du willst ein Hund sein?
Wang: Ja, dann könntest du einfach hingehen wo du willst!
Insa: Ja, z.B. nach China und dann wirst du gegessen…
Wang (lacht): Nein, die meisten in China essen keinen Hund.
Insa: Hast du schonmal Hund gegessen?
Wang: Ja, mag ich aber nicht.
Insa: Warum? Schmeckt das nicht ähnlich wie anderes Fleisch?
Wang: Ja, aber ich wurde so erzogen, dass man keinen Hund isst. Wenn man einen Hund hat, ist er ein Teil der Familie und keiner isst ihn. Wenn jemand meinen Hund essen würde, wird er getötet.
Insa: Was?? Das erlaubt euer Gesetz?
Wang: Quatsch! Ich sage das nur so. Ich sage, ich würde ihn töten, darf ich aber nicht.
Insa: Wie sieht es aus, wenn man einen Menschen tötet? Wird man dann selber getötet? Also habt ihr die Todesstrafe?
Wang: Ja, haben wir. Aber in China werden jeden Tag Leute getötet und wir sind so viele Menschen, da findet man den Mörder eh nicht. (hierbei bin ich mir nicht ganz sicher, ob ich das richtig verstanden habe)
Wang
: Du musst mal nach China kommen! Aber dann musst du bereit sein für viele Überraschungen!
Alena (lacht): Ja, man weiβ ja schon nicht, was man da so isst!
Wang (lacht): Genau, leckere Überraschungen beim Essen!

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So, das waren die Gespräche, die mir am meisten in Erinnerung geblieben sind.
Was mich noch sehr überrascht hat war, dass Breifah kein König der Löwen kennt und es in China kein YouTube gibt und Facebook verboten ist.
Achja und Wang, der Lehrer an Alenas Schule, will übrigens auch mehrere Frauen haben, aber er hat nur eine, weil er, laut ihm, zu wenig Geld hat um mehr haben zu können. Aber fast all sein Geld, was er hier in Thailand verdient, schickt er nach China zu seiner Frau und seinem Sohn (“Mein Sohn hat mehr Geld als ich. Er kann also mehr Frauen haben als ich.”).
Ich lasse diese Gespräche jetzt mal unkommentiert, ich finde sie aber sehr spannend und wollte sie mit euch teilen. Vielleicht ist einiges davon euch ja genauso neu wie mir.

2 Kommentare:

  1. Hej, das war ja richtig spannend. Wenn du wieder zuhause bist, machen wir mal einen Zug durch meine Kontoauszüge, Steuerauszüge und solches Zeug. Geheimnisse mache ich da nicht draus. Mir war es immer ziemlich egal, was ich verdiene, es hat irgendwie gereicht, auch als ich eine 80-Stunden-Woche hatte und weniger als die Putzfrau verdient habe :)). Aber es stimmt: ich würde hier nie Zahlen nennen in so einem quasi öffentlichen Raum.

    Das war ein toller Streifzug durch die Bedeutung von Geld, Zahl der Frauen, Essen, Stäbchen, geschnittenen Apfel mit Stäbchen und so. Ich mußte echt die ganze Zeit grinsen beim Lesen. Vieles im Leben wird uns erst klar, wenn wir mal ganz von außen draufschauen oder durch die Brille eines Fremden. Naja, dafür fährt man in Urlaub oder macht sogar ein ganzes FSJ in Thailand, oder? Sich selbst und seine Lebensweisen unter anderen Umständen erproben, darum geht es.
    Vielen Dank für einen wieder mal sehr spannenden, witzig geschriebenen und informativen Blogeintrag!

    Stephan

    (Ich schätze, dass so ziemlich alle Blog-Leser sowieso wissen, dass sich hinter "Stephan" dein Papa verbirgt?!)

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  2. Ich nochmal. Kurze Info für deine chinesischen Bekannten: zeig denen AutoScout24.de, da kannst du alle Preise in Euro für ganz alt bis ganz neu für alle Marken nachschauen. Gehälter: da findet man massig im Internet. Statistisches Bundesamt gibt jedes Jahr Berge von Informationen raus: durchschnittliches Einkommen in Dtld., prozentuale Verteilung auf verschiedene Einkommensgruppen und so. Dann gibt es Seiten zum Einkommen verschiedener Berufsgruppen, kannste z. B. Friseuse oder Lehrer oder Astronaut oder sonstwas eingeben. Also an Daten kommt man da ganz einfach. Dann hat man erstmal einen allgemeinen Überblick. Für viele Berufsgruppen gibt es auch Tarifverträge, die kann man sich einfach runterladen, da steht genau drin, was wer bei welcher Qualifikation und Dauer der Berufszugehörigkeit zu bekommen hat. Und es gibt jetzt für zahlreiche Berufssparten eine Mindestlohn-Gesetzgebung. Zwar heftig umstritten, aber immerhin. Wir nehmen jedes Jahr gewissenhaft aus den einschlägigen Veröffentlichungen die von den Berufsgruppen ausgehandelten Lohnerhöhungen zur Kenntnis und setzen die artig für alle Mitarbeiterinnen um - auch wenn wir die alle (!) übertariflich bezahlen: die jährliche Lohnsteigerung wird berücksichtigt. Und diese Zahlen sind absolut kein Geheimnis. Kann man mit wenig Sucherei ganz einfach finden. Das gilt aber für allgemeine statistische Zahlen, ich glaube, dass auch meine Mitarbeiterinnen untereinander nicht ihre Gehälter erzählen und da ein Geheimnis draus machen. Das ist sehr deutsch!

    Stephan

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